Bericht: Mein Freiwilliges Soziales Jahr im Kuckuckshaus


Da ich Soziale Arbeit studieren will, entschied ich mich dafür, zuerst ein Freiwilliges Soziales Jahr im sozialen Bereich zu absolvieren, um zu schauen, ob ich mit meinem Studienwunsch richtig liege und um vorab schon einige Erfahrungen zu sammeln.

Ich informierte mich im Internet über verschiedene Einrichtungen, ging zu Vorstellungsgesprächen und schon ziemlich schnell stand meine Entscheidung fest: Ich wollte mein Freiwilliges Soziales Jahr in der intensivpädagogischen Jungenwohngruppe „Kuckuckshaus“ der GeSo-Jugendhilfe ableisten.

Ich stellte mir die Arbeit mit Kindern, die Entwicklungsstörungen und starke Verhaltensauffälligkeiten aufweisen, als eine große Herausforderung vor, da ich selbst noch keine Erfahrung mit Kindern hatte, erst recht keine mit Kindern dieser Art. Aber ich hatte große Lust mein FSJ in diesem Bereich zu absolvieren und mein Interesse wurde beim Recherchieren im Internet und dann beim Vorstellungsgespräch geweckt, sodass ich unbedingt in dieser Einrichtung arbeiten und die Herausforderung annehmen wollte.

Als ich dann im April 2013 meinen ersten Arbeitstag antrat, wurde ich sofort herzlich von meinen Kollegen und auch von den Jungen begrüßt. Vom ersten Tag an habe ich mich in der Gruppe sehr wohl gefühlt, was sich bis heute nicht geändert hat.

Alle Kollegen waren immer sehr freundlich und aufgeschlossen und auch die Kinder kamen von Anfang an ohne Berührungsängste auf mich zu. So kam es dazu, dass ich schon nach den ersten paar Minuten mit einigen der Jungen im Gruppenraum saß und Karten spielte und wir uns so schon etwas kennenlernen konnten.

Natürlich war alles anfangs neu für mich und ich musste mich erst einmal sowohl an die Lautstärke in der Gruppe, als auch an den Umgang mit den oft sehr schwierigen Kindern gewöhnen.

Auch das Wissen, dass diese Kinder schon viel in ihrem kurzen Leben erfahren mussten, ging/geht nicht spurlos an mir vorbei. Doch dadurch verstehe ich auch, warum sie nicht mehr zu Hause leben, sondern in einer Jugendhilfe-Einrichtung und warum sie „so sind wie sie sind“.

Meine Chefin Vera hat mich in der ersten Zeit oft gefragt, ob ich nachts noch schlafen kann; und ja das konnte ich immer.

Denn auch wenn es sehr schockierend ist zu hören, was den Kindern angetan wurde, war mir ziemlich schnell bewusst, dass ich alles nicht zu nah an mich heranlassen darf und so relativ gut damit zurechtkomme. Außerdem weiß ich, dass ihnen mit dem Kuckuckshaus ein Ort geschaffen wurde, in dem sie sicher leben und sich entfalten können.

Schnell wurde ich mit meinen Aufgaben vertraut, zu denen zum Beispiel die wöchentlichen Einkäufe für die gesamte Gruppe gehörten. Dies war nicht immer stressfrei für mich, da für einen solch großen Haushalt schon mal einiges zusammen kommt. Aber auch dabei wurde ich immer von meinen Kollegen oder auch den Jungen unterstützt, indem sie mir das ein oder andere Mal beim Tragen der schweren Einkaufskörbe halfen.

Auch das Begleiten zu Arztterminen und das Fahren zum Sporttraining gehörten zu meinen festen Aufgaben. Sehr schnell gewöhnte ich mich an die Abläufe, sodass ich irgendwann selbstständig meinen Tagesablauf planen konnte.

Wenn ich nicht unterwegs war, begleitete ich die diensthabenden Betreuer bei ihrer Arbeit mit den Kindern, half bzw. kontrollierte die Hausaufgaben und nahm am wöchentlichen Gruppengespräch teil, bei dem über das Verhalten der einzelnen Jungen in der Gruppe gesprochen wurde.

Ansonsten wurde natürlich ganz viel gespielt. Bei schlechtem Wetter im Haus mit Karten- oder Brettspielen, bei gutem Wetter mit dem Fuß- bzw. Basketball im großen Garten.

Obwohl ich eigentlich kein Freund von Ballspielen bin, hat es mir immer viel Spaß bereitet mit den Jungen im Garten herumzutoben und sie nach einem stressigen Schultag so ausgelassen zu sehen.

Sehr interessant fand ich auch die regelmäßigen Teamsitzungen und Supervisionen, an denen ich immer teilnehmen durfte. Dabei lernte ich viel über den Umgang mit den Kindern und die therapeutischen Erklärungen verschiedener Verhaltensweisen, was mir bei der Arbeit mit den Jungen half, da ich so besser wusste, wie ich mich in bestimmten Situationen zu verhalten habe.

Was ich an diesem Jahr so toll fand war, dass es wirklich nie langweilig wurde. Vor allem beim Mittagessen war es oft sehr lustig, da die Kinder natürlich viel zu erzählen haben und durcheinander reden und dabei dann auch mal der ein oder andere lustige Spruch herauskommt.

So fiel es mir immer leicht, morgens aufzustehen und zur Arbeit zu fahren. Nie hatte ich das Bedürfnis lieber zu Hause zu bleiben. Jeden Tag habe ich mich darauf gefreut arbeiten zu gehen.

Schön fand ich auch, dass die Betreuer mir viel Vertrauen entgegenbrachten, mich für „voll genommen“ und nie als „billige Arbeitskraft“ angesehen haben. Denn auch ich als FSJ-ler hatte viel Verantwortung, wenn ich zum Beispiel mit einzelnen Kindern alleine unterwegs war, sei es wegen einem Arzttermin oder anderen Dingen. Und ich hatte das Gefühl, dass die Betreuer mir dabei sehr vertraut haben.

Ich habe in diesem Jahr sehr viele Erfahrungen gesammelt und auch die Gewissheit bekommen, dass ich mit meinem Wunsch Soziale Arbeit zu studieren richtig liege und nach dem Studium an dieser Arbeit sehr große Freude haben werde.

Nun ist mein Jahr schon vorbei; viel zu schnell ist die Zeit vergangen; und am liebsten würde ich gar nicht mehr gehen, denn natürlich habe ich jeden einzelnen Jungen, sowie meine Teamkollegen in mein Herz geschlossen.

Aber auch für mich geht das Leben weiter und vielleicht komme ich ja irgendwann wieder zurück, denn ich werde das Kuckuckshaus mit seinen Bewohnern jetzt schon vermissen.